1.1. Anfänge und Ursachen

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Nach dem Ende der Pestepidemien in Europa wuchsen die Bevölkerungszahlen rasch an. Größere Ballungszentren mit wirtschaftlicher Wichtigkeit entstanden. Umliegende Weideflächen fehlten für die Viehzucht. Die Ackerflächen nutzte man vorwiegend für die Industriepflanzen wie Hanf und Flachs, das verbleibende Land für die Schafzucht. Fleisch wurde zur Mangelware. Nur Tauschgeschäfte von Nahrungsmittel und Industrieprodukten zwischen Ost und West konnten Abhilfe schaffen.

Auch drastische Klimaverändungen der Frühen Neuzeit machten Mensch und Tier zu schaffen. Die ungarische Tiefebene und andere, noch entfernter liegende Regionen Osteuropas hatten dagegen klare Vorteile in der Viehzucht: riesige Weideflächen und die Tiere waren den wechselnden Temperaturen und dem Winter gegenüber resistenter. Das ungarische Graurind konnte ganzjährig im Freien gehalten werden. Und es galt in damaligen Zeiten als das Nonplusultra auf dem europäischen Fleischmarkt. 

Auch die Essgewohnheiten änderten sich rapide. Vor allem bei der aufstrebenden Bürgerschicht, die sich diesen Luxus leisten konnte. Üppiges Essen, opulente Festmahle und bürgerliche Hochzeiten mit einem reichhaltigen Fleischangebot wurden zum Statussymbol.

Der übermäßige Fleischkonsum, oftmals in Kombination mit zu viel Alkohol, führte bei zahlreichen Wohlhabenden zur  Gicht, zu einer typischen Krankheit dieser Zeit. Berühmte Gichtkranke waren beispielsweise Kaiser Karl V. Heinrich VIII, Johannes Calvin oder Michelangelo.

Wichtige politische und gesellschaftliche Ereignisse, wie zum Beispiel die im 16. Jahrhundert in der Stadt Augsburg abgehaltenen Reichstage, zu denen jeweils 10 bis 15.000 Gäste angereist waren, erforderten von der Stadt, die Fleisch- und überhaupt die Nahrungsmittelversorgung für diese „Events“ zu organisieren und zu gewährleisten. Auch wenn diese nur einen zeitlich begrenzten Mehrbedarf an Fleisch erforderten, beeinflussten sie die Entwicklung des Ochsenhandels erheblich. Für das Reichstagsjahr 1530 wurden 6.774 Ochsen geschlachtet, 834 mehr als ein Jahr zuvor. Durch die Gäste erhöhte sich die Einwohnerzahl der Stadt um rund ein Drittel und so musste auch wesentlich mehr Fleisch zur Verfügung gestellt werden, das aus Ungarn eingeführt wurde.


Die Landshuter Fürstenhochzeit 1475 und andere üppige Feste
Im Jahre 1475 fand die berühmte Landshuter Hochzeit des bayerischen Herzogs Georg des Reichen mit Hedwig Jagiellonica, der Tochter des polnischen Königs Kasimir IV. Jagiello, statt. Was bei diesem Fest auf den Tisch kam, wissen wir aus historischen Quellen: 323 Ochsen, 285 Schweine, 1.133 Schafe, 1.537 Lämmer, 490 Kälber, 11.500 Gänse und 40.000 Hühner machten das reichhaltige Fleischangebot aus, das neben vielen anderen Speisen und Köstlichkeiten von den Hochzeitsgästen verspeist wurde. An dem Festmahl nahmen mehrere tausend Leute teil.
Bei einem anderen Festessen 1452 in Konstanz zu Ehren des Bürgermeisters waren 100 „Mannen“ eingeladen. Laut Rechnungen der Stadt wurden hier fast 200 Kilogramm Fleisch (Rind, Schwein, Wurst, Hennen, Enten und anderes Geflügel) aufgetischt, dazu 300 Karpfen, Hechte und 140 kleinere Fische, von Brot, Reis, Kuchen, Nüssen und Süßspeisen, ganz zu schweigen. Zum Trinken gab es nicht weniger als 537 Liter Wein. Sicher ist hier einiges übriggeblieben, denn auch damals konnte keiner der Gäste 2 Kilo Fleisch, dazu drei bis vier Fische und noch weitere Nahrung verzehren und dazu noch fünf Liter Wein herunterspülen. Doch die große Fülle des Angebots und das Übermaß an Fleisch sind bezeichnend für die Festivitäten der damaligen Zeit.

Quellen: Dirlmeier, Dalhede Abel, in: Grilllmaier; www.statista.com; Hirschfelder


Ein äußerst lukratives Geschäft

Das Preisgefälle zwischen den Zuchtgebieten im Osten und den Verbrauchermärkten im Westen ermöglichte es den Händlern, den Vieheinkauf und den gesamten Trieb mitsamt Personal zu finanzieren und dennoch nach dem Verkauf einen beträchtlichen Gewinn zu erzielen. Einen besonderen Anreiz bot dabei die sogenante „Preis-Revolution“, die Tatsache, dass die Schlachtviehpreise in den süddeutschen Städten und in Westeuropa im 16. Jahrhundert wesentlich schneller stiegen als in Ungarn.
Die Ochsenzucht und der Ochsenhandel wurden somit für viele Beteiligte ein lohnendes Geschäft, das gerade deswegen mehrere Jahrhunderte aufrechterhalten und ausgebaut wurde und bestens funktionierte. 

Hier sehen Sie das originelle Rezept für Ochsenfüße.
Hier sehen Sie das originelle Rezept für Ochsenfüße.

 

Aus dem New Kochbuch von Marx Rumpoldt von 1851

Koche die Oxenfüße in Wasser, lasse sie auskühlen, säubere sie und entbeine sie, dann lege sie in Essig ein, dem du ein wenig Salz beigegeben hast. Darinnen lasse sie eine Stunde liegen, dann nimm sie heraus und schneide sie klein, dass es dünn ist. Vor dem Anrichten lege sie in eine Schüssel und gieße frischen Essig darüber, streue Ingwer und gesäuberte, kleingezupfte grüne Petersilie darüber. Also pflegt man gemeiniglich zu Nacht zu einem Salat zu geben, sonderlich im Sommer.

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